Themenparks und Erlebniswelten

Freizeitpark No Name City, Wöllersdorf bei Wien

H. Jürgen Kagelmann & Martina Guthmann

Wie unterentwickelt die Freizeitparkszene in Österreich und wie hungrig auf neue Attraktionen die Bewohner der Alpenrepublik sind, zeigte sich am letzten März- Wochenende, an dem die Westernstadt No Name City bei Wöllersdorf, südlich von Wien, eröffnet wurde: 13.000 Western- und andere Fans stürmten in den neuen Freizeitpark. Mit so viel Andrang hatten selbst die kühnsten Optimisten der Betreibergesellschaft nicht gerechnet, auch wenn mit Alt-Winnetou Pierre Brice immerhin ein thematisch passender Filmstar aufgeboten worden war.

Aber, ein Wunder ist das eigentlich nicht. In den letzten Jahren gab es in Österreich eine intensive, ja hektische Diskussion um neue Freizeitgroßprojekte. Angesichts der beeindruckenden Novitäten in konkurrierenden Ländern wie etwa Spanien und Frankreich, angesichts des teilweise stark einbrechenden Fremdenverkehrs, der auf veränderte Bedürfnisse der Touristen und Ausflügler hindeutete, wurden von Salzburg bis Wien, von der Steiermark bis Tirol, Pläne geschmiedet, alle möglichen Freizeitparks und andere Erlebniswelten zu bauen. Die lokale und nationale Presse hat all diese Projekte begierig aufgegriffen und teilweise mit großer Euphorie begleitet. Doch seit einem Jahr ist die große Ernüchterung eingekehrt. Der unausgegorene und schon von der Finanzierung her suspekte Plan eines Alpinparks bei Mittersill in der Gegend von Salzburg wurde sang- und klanglos beerdigt; der dilettantisch konzipierte und organisierte Kinderpark Playcastle Seefeld in Tirol legte eine lehrbuchmässige Insolvenz hin und musste schon nach einem Jahr seine Pforten schließen, die Erlebniswelt im Shopping Center Süd bei Wien ist bestenfalls ein Luftschloss, die schon seit Jahrzehnten überfällige Neugestaltung des Wiener Pra¬ters wieder einmal abgeblasen. Schließlich wurde in diesem Sommer auch noch das ambitionierteste, von den Investitionen her interessanteste Freizeitparkresort-Projekt des austrokanadischen Millionärs und Besitzers von Steyr-Daimler-Puch, Frank Stronach, der viel beschriebene "Magna Globe Resort Park", in Ebreichsdorf südlich von Wien (der eine riesige Weltkugel als Wahrzeichen haben sollte) erledigt, nachdem es keine Genehmigung für das angeblich 1 Milliarde DM teure Projekt gab. Die einzige erfolgreiche Neuentwicklung der letzten 10 Jahre sind die Swarowski Kristallwelten in Wattens.

Und nun machte da eine Westernstadt auf kein Wunder, dass die Österreicher, aber auch Deutsche, Ungarn, und sogar Holländer die neue Attraktion sofort entdeckten, obwohl die Idee einer Wild-West-thematisierten Freizeitstadt nun wirklich nichts Neues ist. Ein bisschen musste man schon den Mut der Projektbetreiber bewundern, denn schließlich hatte vor nicht allzu langer Zeit die einzige richtige deutsche Westernstadt, die zufälligerweise genauso hieß, No Name City in Poing bei München, wegen Besuchermangelns zumachen müssen. Kein besonders gutes Omen. Aber man kann ja auch aus Fehlschlägen lernen – und aus den Erfolgen anderer Parks erst recht. Also fuhren zwei Leute einige Monate kreuz und quer durch Deutschland und durch die USA, um von den erfolgreichen Parks zu lernen und gute Ideen aufzugreifen. Besonders angetan war man vom Konzept des recht erfolgreichen Freizeit-Ferienparks Pullmann-City (Eging bei Passau), weshalb von Anfang an Übernachtungsmöglichkeiten integriert wurden, die einfach zusätzliche Einnahmen bringen würden. Letztlich war das Risiko relativ gering, denn man schaffte es, je 30% der Investitionssumme von der EU, vom Land Österreich und vom Land Niederösterreich zu bekommen, so dass die privaten Investoren nur 10% aufbringen mussten. Noch weiter wurde das Risiko dadurch minimiert, dass etwa die Hälfte der Shops und Restaurants unterverpachtet wurden.

Für die erste Saison, die bis 31. Oktober läuft (danach gibt es nur am Wochenende Saloonbetrieb), wird man tatsächlich um die 225.000 Besucher haben, 12% mehr als optimistisch geplant; damit wäre der Newcomer vom Start weg Nummer 6 der privatkommerziellen Attraktionen in &Oml;sterreich (nach den Kristallwelten Wattens, dem Wiener Riesenrad im Prater, dem niederösterreichischen Safaripark Gänserndorf, der Seegrotte Hinterbrühl und dem Salzbergwerk in Hallein) und das ist doch schon eine Überraschung – selbst wenn man die hervorragende Lage bedenkt: der Park ist 30 Minuten von Wien entfernt, liegt in einem Einzugsgebiet von 2,5 Millionen Menschen im 50 km-Radius, und das Gelände ist dann auch noch günstige 10 Minuten von der Autobahn entfernt.

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No Name City eröffnete nach nur 11 Monaten Bauzeit, hat an die 100 Mio. Schillinge, also ca. 15 Mio. DM, gekostet,. Der Park erstreckt sich auf einer Fläche von 150.000 qkm; für Erweiterungen, die derzeit nicht unwahrscheinlich sind, steht noch einmal diese Fläche zur Verfügung. Verbaut sind erst 10.000 qm. Es gibt zwei große Bereiche, einmal die eigentliche Westernstadt mit Saloons und Westernrestaurant, Gefängnis, insgesamt 11 Shops entlang der Mainstreet, und zum anderen das Umland mit einem 12.000 qkm großen See, Indianersiedlung, Goldwäschercamp, Eisenbahnstation, Holzkirche, Pferdestall, Streichelzoo und einem Kinderspielplatz. Die Integration dieser beiden Bereiche ist allerdings noch nicht so ganz geglückt; und an der Gestaltung der Landschaft, die bisher nicht besonders attraktiv ist, wird man noch erheblich arbeiten müssen.

Der Eintritt kostet 20 DM/11 DM für Erwachsene/Kinder, es gibt günstige Zweitages-, Gruppen- und Familienkarten, Rollstuhlfahrer haben freien Eintritt; „Hobbyisten“ (der österreichische Ausdruck für Fans), die in „Ganzkörperverkleidung“ als Cowboys, Indianer, Sheriffs oder Nordstaatensoldaten kommen, brauchen nur DM 11 zu bezahlen, eine hübsche Idee, die zum Ambiente beiträgt. Gruppen ab 15 Personen kommen in den Genus einer Sonderattraktion: ein Gruppenmitglied wird per Steckbrief gesucht und schließlich vom Sheriff verhaftet und vorübergehend ins Jail gebracht. Heiratswillige Pärchen können sich in der kleinen Kirche trauen lassen – vorausgesetzt, sie bringen einen Pfarrer mit. Für sein Eintrittsgeld bekommen die Besucher Shows, Stuntshows, und Indianertänze zu sehen, dürfen im Streichelzoo Ziegen und Hängebauchschweinchen tätscheln, können den ordentlichen Kinderspielplatz nutzen und mit der Dampfeisenbahn fahren (die übrigens aus den Beständen des deutschen No Name City erworben wurde); viele andere Dinge müssen allerdings leider extra bezahlt werden, wie z.B. eine Fahrt mit der Wells Fargo-Westernkutsche, Goldwaschen, Kanufahrten, Pferdereiten, ein Ritt auf dem Elektrischen Bullen, und dann kommt eine vierköpfige Familie doch auf eine beträchtliche Summe.

Pro Tag gibt es drei, auch wiederholte Shows auf der Main Street oder im ansehnlichen und geräumigen Golden Nugget Saloon (1400 Personen), Indianertänze und einen Line Dance Kurs für die Liebhaber der Westernmusik. Die bei den Besuchern beliebten Shows um Buffalo Bill und andere bekannte Wildwestnamen sollen nach dem Willen der Betreiber möglichst wenig blutrünstig sein, was auch der Fall ist; allerdings sind die Actionstorys etwas hölzern und die Stunts nicht so besonders mißreißend, ganz davon abgesehen, dass die in österreichischen Dialekten sprechenden Westler und Indianer bisweilen ein wenig befremdlich wirken. Nett dagegen, dass die Darsteller nach dem Show noch für Foto-Shootings mit Westernbegeisterten, vor allem Kindern, zur Verfügung stehen. Erstaunlich professionell dagegen die Indianertänze, die von einem echten (allerdings in Österreich aufgewachsenen) Indianer, dem sympathischen „Smiles-A-Lot“ mit Ruhe und Einfühlsamkeit dargeboten werden. Im gelingt auch immer wieder die schwierige Aufgabe, für einen abschließenden Gemeinschaftstanz sage und schreibe 20 Pärchen auf die „Bühne“, will sagen, die staubige Main Street zu locken.

In den Shops gibt es das übliche Westernkleidungsangebot und verschiedene Sou¬ve¬nirs; besonders beliebt ist der Laden mit Kinderspielzeug („Tatanka Kid’s Store“). Pistolen und Gewehre werden verkauft, aber – erfreulicherweise – keine Munition dazu, denn das würde bei der bekannten Lärmfreudigkeit der Jungen zwischen 5 und 12 die Atmos¬phäre völlig ruinieren. Bei den Restaurants überrascht ein bisschen, dass auch Dinge wie Kebab angeboten werden, die nun wirklich nicht in eine Wildweststadt hineingehören.

Offensichtlich hat man auch vom Erfolgskonzept des amerikanischen Parks gelernt, die mit einer Extraerlebnismeile außerhalb des Parks, vor allem am Abend z usätzlichen Umsatz machen. In No Name City sieht das so aus, dass ab 19.00 die Tore für jedermann geöffnet werden und dann die Shops bis 21.00 und die Saloons bis mindestens 24.00 geöffnet sind, interessant auch deshalb, weil dann immer wieder Live-Bands mit C-&-W-Music auftreten. Weitere Events sollen die Attraktivität verstärken, wie z.B. ein Westernreitturnier, ein Buffallo Bill-Weekend, ein Mississippi-Pokerturnier, oder die US-Days mit Oldtimer-Parade.

Eine sicherlich richtige Entscheidung war es, verschiedene Übernachtungsmöglichkeiten am Ort des Geschehens vorzusehen, und deshalb können die Besucher entweder im „Silver Star Hotel“ (Doppelzimmer etwa 120 DM) übernachten, wo es sogar eine „Präsidentensuite“ gibt, oder etwas preiswerter und mit mehr Lagerfeuerromantik, in den für Familien bestimmten Blockhäusern oder in einfachen, aber wetterfesten Indianer-Tipis am Seeufer (die gerne für Kinderausflüge und Geburtstagsfeiern gebucht werden). Dies alles ist so gut ausgebucht, dass eine Erweiterung der Hotellerie für das nächste Jahr schon beschlossen ist.

Wie es mit No Name City (derzeitiger Monatsumsatz 9,7 Mio. Schillinge) weitergeht - man rechnet mit einem Return of Investment in vier Jahren –, wird auch davon abhängen, ob es gelingt, in ausreichendem Masse Wiederholungsbesucher zu schaffen und das bedeutet eine Herausforderung an die Betreiber, ständig neue Events und neue Attraktionen zu schaffen.

www.NoNameCity.at
Adresse: A-2752 Wöllersdorf, Westernstraße 1

(Verfasst am 12.9.2001; eine ähnliche Fassung erschien in der Fachzeitschrift „Kirmes- und Park-Revue“ (Gemi-Verlag, Reichertshofen), in der Ausgabe 58 – Jan./Feb.2002, S. 64-66)

  Link zum GEMI-Verlag

  Bilder vom Freizeitpark No Name City

  Sonderangebot für Achterbahnfreaks und Freizeitparkfans: ältere Ausgaben der Zeitschrift "KIRMES- UND PARK-REVUE"

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