Die "Spaßbadstudie 2007"


Spaßbäder und Thermen - der Trend geht zu Wellness

Die Tourismus- und Freizeitbranche ist gegenwärtig in einer Umbruchphase. Die Ereignisse der letzten Jahre erfordern es, alte Konzepte zu überprüfen und neue zu entwickeln. "Erlebnis" und "Wellness“ sind nur zwei der vieldiskutierten Stichworte in Zeiten von Konsumzurückhaltung und Geizmentalität einerseits, Selbstverwirklichung und Innenorientierung andererseits. Gerade liegen die Ergebnisse zur Ermittlung der aktuellen Trends 2007 für den Bereich der Spaßbäder und Thermen in Deutschland und Österreich. Dafür wurden Mitte Dezember 2006 insgesamt 212 Freizeitbadbetreiber per E-Mail gebeten, einen im Internet befindlichen Fragebogen auszufüllen. Die Rücklaufquote betrug sehr beeindruckende 45,7%. Und das sind einige der interessantesten Ergebnisse.

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Das aktuelle Angebotsspektrum der Bäder
In der Studie wurden Basisangebote, Wellnessangebote und weitere Angebotsformen detailliert abgefragt. Dabei war eine eindeutige Tendenz – im Vergleich zu einer ähnlichen Studie 2005/06 - festzustellen: der Trend geht zu mehr Wellness. Von den Basisangeboten -, die in den meisten Bädern zu finden sind und somit zum Standard gehören, bieten die Betriebe meistens Saunen (89 %), Liegewiese (87 %) und Außenbecken/Freibecken (77 %) an. Über die Hälfte der Befragten gaben außerdem an, ihr Bad verfüge über einen Whirlpool, Rutschen, ein Schwimmbecken mit 25 Meter Bahnen und ein Kaltwasserbecken. Eher selten sind z.B. Angebote wie Schwimmbecken mit 50 Meter Bahnen vertreten.

Saunen sind ein fast immer unverzichtbarer Bestandteil eines Bades. Die am meisten angebotenen Typen sind die Finnische Sauna (78 %) und die klassische Dampf-Sauna (78 %). Auf dem zweiten Platz (53%) mit deutlich weniger Nennungen liegt die Bio-Sauna (53%), auch die Trocken-Sauna und die Duft-Sauna sind beliebte Saunatypen. Dabei bieten die Bäder jedoch nicht nur klassische Saunatypen an, sondern alle neueren Formen, teils auch phantasievolle Neuentwicklungen – etwa Softsauna 55 Grad mit Farblichttherapie, Südseesauna, Meditationssauna oder Kristallsauna. Ihre Funktion ist einleuchtend, liegt sozusagen im Zeitgeist-Trend; sie sollen in einer Phase zunehmender Konkurrenzierung die z.T. sehr Spa- und Bad-erfahrenen Gäste anziehen, die begierig auf Neues sind. Deren Bedeutung darf man aber nicht überschätzen. Denn

vor allem die „klassischen“ Wellnessangebote sind mittlerweile Angebote, welche sehr stark vertreten sind. Am häufigsten wird dabei von den Bädern das Solarium angeboten. Daneben offerieren viele Bäder auch einen Ruheraum (79 %), ein Dampfbad (77 %) und Massagen (75 %). Nun ist es einleuchtend, dass sich nicht jedes Thermal-, geschweige denn jedes Erlebnisbad die ganze Palette hochentwickelter Spawelten leisten kann. Aber man sieht doch deutlich, dass die Kirche im Dorf bleibt.

Im Bereich der gastronomischen Angebote dominieren immer noch die verschiedenen Fastfood-Restaurationen; allerdings hat sich der Abstand zu den verschiedenen Formen von Wellness-Ecken verringert. Während in unserer letzten Studie von 2005/06 die Fastfood-Angebote mit knapp 15 % über den Wellness-Angeboten lagen, ist diese Differenz mittlerweile auf nur noch 1 % gesunken. Allein an dieser Tatsache kann gesehen werden, welch wichtige Rolle Wellness als Trend, als Philosophie im gesamten Badbereich heute einnimmt!

Das Wichtigste an den Bädern ist zweifelsohne aber das Wasser – und alles das, was man damit machen kann. Klar bieten die Bäder immer noch die klassischen Wasserangebote an. Deswegen kommen schließlich die meisten Gäste hierher. Aber es ist aufschlussreich, dass diese traditionellen „Basis“-Wasserangebote in der letzten Zeit um viele Zusatzangebote erweitert worden sind. Der Wasserbereich hat sich stark ausdifferenziert. Am häufigsten wurden bei unserer Frage nach Wasserzusatzangeboten das Wassergymnastikangebot (80 %), die Massage- und Luftsprudeldüsen (77 %), das Planschbecken (60 %) und der Strömungskanal (51 %) genannt. Übrigens gab lediglich ein Bad gab an, gar keine Wasserzusatzangebote anzubieten (- und vermutlich wird es nicht lange dauern, bis man auch dort etwas installiert hat).

Besonders aufschlussreich scheint uns das Vordringen von verschiedenen Arten von Wassergymnastik der verschiedenen Arten zu sein, denn an dieser (relativ preiswert aufzubauenden) Dienstleistung kann man sehen, wie wichtig den Gästen die Möglichkeit geworden ist, ohne viel Anstrengung, mit Spiel und Spaß etwas für die Gesundheit und für die Unterhaltung zu tun, aber auch für die sozialen Kontaktbedürfnisse! Man könnte soweit gehen, und die Wassergymnastik als ein Schlüsselelement für die moderne Badkultur zwischen Erlebnis und Fitness, Unterhaltung und Gesundheit sehen. Wassergymnastik ist zusagen das Pendant zu Nordic Walking.

Neben den Nennungen der verschiedenen Angebote wurden die Betreiber der Bäder auch danach gefragt, für wie wichtig sie bestimmte Angebote halten. Und diese subjektive Einschätzung bringt uns interessante Erkenntnisse. Denn am wichtigsten bewerteteten die Badbetreiber die Wellnessangebote. So sind knapp 75 % der Teilnehmer der Meinung, dass diese Angebotsgruppe derzeit „außerordentlich wichtig“ sei!. Nur weniger als 5 % waren der Meinung, dass Wellnessangebote eine „nicht zentral wichtige“Angelegenheit für ihr Bad darstellen, und als „weniger wichtig“ wurde diese Gruppe von überhaupt niemandem eingestuft.

Wie wichtig für die Badbetreiber die „Wellnessangebote“ sind zeigt sich auch daran, dass die eigentlich zentralen Dinge der Bäder, die Wasserangebote sogar von erheblich weniger Befragten als in der letzten Untersuchung als „außerordentlich wichtig“ eingestuft wurden (als die im Vergleich zu den Wellnessangeboten), nämlich nur von 53 % der Befragten.

Wollte man diese Ergebnis auch im Lichte der aktuellen Entwicklung im Freizeit- und Urlaubsbereich interpretieren, so ist als Trend herauszustellen, dass v.a. Wellness-, aber auch Wasser- und Gastronomieangebote an Bedeutung zugenommen haben, während die Spaß- und Spiel-Angebote in der Sicht der Betreiber langsam an Wichtigkeit verlieren! Es kann daher damit gerechnet werden, dass zukünftige Investitionen der Betreiber auch überwiegend in den ersten drei genannten Kategorien vorgenommen werden, während Aufwendungen für Events, Spaß und Spiel – Musterbeispiel Rutschen – möglicherweise als nicht mehr zentral wichtig oder jedenfalls sekundär eingeschätzt werden dürften.

Pointiert könnte man sagen, dass die vieldiskutierte Erlebnisgesellschaft einer Wohlfühlgesellschaft zu weichen scheint! Allerdings wäre das etwas überspitzt, denn mehr und mehr Tourismusforscher vertreten die Auffassung, dass der Großteil der Wellnessurlaube eine besondere Form von Erlebnis ist (oder zumindest sein kann.). Es geht bei Wellness weniger um Gesundheit als vielmehr um eine besondere Form des Erlebnisses – Sich verwöhnen lassen, sich wohlfühlen.

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Das Profil der Besucher
Von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Bäder ist die sensible Identifikation der Zielgruppen. Nur dadurch kann das Angebot den aktuell dominierenden Bedürfnissen angepasst werden. Eine wichtige Frage war daher die nach der Zielgruppe der Bäder. Die Antworten, die wir bekommen haben, zeigen eindeutig: die Familien (50 %) sind (immer noch) die wichtigste Zielgruppe der Bäder. Als zweitwichtigste Gruppe folgen - mit allerdings schon großem Abstand - die Senioren (26%). Als weniger bedeutende Zielgruppen werden interessanterweise Kinder bis 14 Jahre (2,5%) und Jugendliche von 14-28 Jahre (0%) eingeschätzt.

Soweit die Realität. Es fragt sich aber, welche Kundengruppen künftig mehr erreicht werden soll. Besonders interessant ist das Ergebnis, dass man sich in der Zukunft mehr um Senioren (24.%) bemühen will und natürlich weiter um Familien (21%). Dahinter könnte die weitverbreitete Ansicht von den „kaufkräftigen Silver Agers“ stehen. Darüber hinaus wollen sich knapp 20 % der Badbetreiber in Zukunft mehr um die Gruppe der 14-28 Jährigen kümmern, die bisher für das Badgeschäft der Badbetreiber weniger relevant waren.

Die Zukunftsstrategie der Bäder scheint also eindeutig zu sein: mehr Senioren und Pensionisten länger anzuziehen, weil sie ein größeres Bedürfnis nach Ruhe haben und natürlich bestimmte Wellnessangebote zu präferieren scheinen. Durch eine ständige Erweiterung insbesondere der Spaangebote soll dem Stress und der Hektik des Alltags, sowie den Gebrechen des Alters in Zeiten, die durch massive Kürzungen im Gesundheitswesen geprägt sind, entgegengewirkt werden. Vor einer simplen Zielsetzung muss aber gewarnt werden weiß man doch, dass die Senioren keinesfalls per se bisher eine relevante Zielgruppe des Wellnessbusiness darstellen und z.T. sehr genau unterscheiden zwischen „Kur“ und „Wellness“. Außerdem bedeutet die Tatsache, dass es der Generation 60+ in finanzieller Hinsicht relativ sicher ist nicht automatisch, dass sie deswegen eine steigende Lust zum Konsum, eine unstillbare Lust am Geldausgeben hat.

Es scheinen heutzutage die Besucher deutscher und österreichischer Bäder durchaus bereit zu sein, auch längere Anfahrtswege auf sich zu nehmen, um zu einem bestimmten Bad zu gelangen. So fährt fast die Hälfte der Besucher zwischen 26 und 50 Kilometer in die Badeanstalt ihrer Wahl. Allerdings spielen die Bäder der Region eine bedeutende Rolle, was daran zu sehen ist, dass fast ein Drittel der Badegäste lediglich Anfahrtswege von bis zu 25 km auf sich nimmt. Wenn die Anfahrt zu einem bestimmten Bad allerdings weiter als 50 km beträgt, weichen die Besucher auf Bäder in der näheren Umgebung aus. Man kann daran sehen, dass das „Bad“ längst noch nicht die Attraktivität von Freizeitparks hat, zu denen zu fahren Gäste ja durchaus gerne Wege über 100 km auf sich nehmen. Noch scheint das Bad „austauschbar“ zu sein. Hier liegt aber auch die Chance für zumindest einige Bäder, sich durch Thematisierung, Angebotsdichte und Spezialisierung zu einem „außergewöhnlichen“ Bad zu einer „gesunden Erlebnisdestination“ zu entwickeln ( - was bisher wohl erst wenigen gelungen ist -), zu dem man gerne von weit her kommt.

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Die „Vielbeachteten“
Man darf wohl annehmen, dass sich die Badbetreiber auf dem Markt besonders gut auskennen und über die Angebote und Attraktionen anderer Bäder einen guten Überblick haben. Deswegen wurden die Betreiber gebeten, zwei Bäder zu nennen - ihr eigenes ausgeschlossen, die sie als besonders gut (erfolgreich, wegweisend) einschätzen: Welches wären also die Mitbewerber, die durch ihre innovativen Konzepte, ökonomischen Erfolge, interessanten Angebote so aufgefallen wären, dass sie im Benchmarking herausragen würden?

Wie auch in den letzten Jahren kam durch dieses brancheninterne Ranking die Therme Erding auf den ersten Platz der bemerkenswerten Bäder. Auf dem zweiten Platz landete wie auch im davor liegenden Jahr wieder das Mediterana in Bergisch Gladbach. In diesem Jahr schaffte die Therme Bad Wörishofen, die in der Umfrage 2005 keinen Platz unter den ersten drei erzielen konnten, die „Bronzemedaille

Fazit: Die Entwicklung in den deutschen und österreichischen Bädern scheint doch auf eine stärkere Berücksichtigung des Wellnessfaktors hinauszulaufen und, davon abgesehen, auf ein multioptionales Angebot von immer mehr verschiedenen Dingen, unter denen sich der geneigte Gast das für ihn gerade Passende heraussuchen kann.



Erschienen in:

H.Jürgen Kagelmann und Stefanie Hanselmann
Spaßbäder und Thermen - der Trend geht zu Wellness
Bibl. Daten;
in: WellHotel, Juni, Juli, August 2007, Nummer 15, Seite 185-187



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